Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht
Untersagung der Bezeichnung
von Arzneimittelpräparaten als "Me-Too-Präparate" oder
"Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen
Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten" im Wege der
einstweiligen Anordnung
Das Sozialgericht Wiesbaden, Aktenzeichen S 17 KR 182/06 ER, kam mit
Beschluss vom 14.08.2006 dem Antrag eines pharmazeutischen Unternehmens
nach im Wege der einstweiligen Anordnung gegenüber einem
Landesverband einer gesetzlichen Krankenkasse auf Untersagung der
Bezeichnung zweier Arzneimittelpräparate als
"Me-Too-Präparate" oder "Analogpräparate mit keinen oder
nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten
Präparaten".
Die Antragsgegnerin schloss zuvor mit anderen Landesverbänden
gemäß § 84 SGB V eine Vereinbarung über das
Arznei- und Verbandsmittelausgabenvolumen für das
Kalenderjahr 2006 (Arzneimittelvereinbarung 2006), nach welcher das
Ausgabenvolumen eingegrenzt wurde und so genannte arztbezogene
individuelle Wirtschaftlichkeits- und Versorgungsziele festgelegt
wurden. Die Ziele waren konkret eine Erhöhung des durch den
jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen
Versorgungsanteils des Brutto-Generikaumsatzes am generikafähigen
Markt um 5 Prozentpunkte und eine Reduzierung des durch den jeweiligen
Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Verordnungsanteils des
Bruttoumsatzes der Me-Too-Präparate ohne relevanten höheren
therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten am Gesamtmarkt um
5 Prozentpunkte.
Dabei verstieß die Antragsgegnerin gegen den Anspruch des
Antragsgegners auf fairen Wettbewerb, ein Abwehranspruch gegen
Wettbwerbsverfälschung, der aus Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz
folgt. Dieser Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit von
Marktteilnehmern erfolgte durch die unrichtige Information und
Weiterverbreitung mit Weigerung der Korrektur dieser Information, da
die Information für das Marktverhalten von Belang war. Die
Bereitstellung der Me-Too-Liste ging weit über die Zielsetzung,
den Marktteilnehmern bloß marktrelevante Informationen
bereitzustellen und stellte daher ein Instrument staatlicher
Verhaltenslenkung dar mit dem sich daraus resultierenden
Umsatzrückgang für den Antragsteller. Da die
Arzneimittelvereinbarung 2006 sich nicht als solche Zielvereinbarung
gemäß § 84 Abs. 1 SGB V darstellte, war der
Eingriff auch nicht gerechtfertigt. Die Qualifizierung als
Me-Too-Präparate stellte keine Bewertung nach § 35 b SGB V.
Hierzu war nur das neu errichtete Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) berechtigt. Die
Me-Too-Liste wies hingegen immanente Mängel auf, da es sich bei
den streitgegenständlichen Präparaten nicht um
patentgeschützte Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen im Sinne der
die Liste einleitenden Definition handelte. Die Antragsgegnerin
setzte in ihrer im Mitteilungsblatt Arzneimittelinfo 3/2006 und in an
Vertragsärzte gerichtete Schreiben veröffentlichten
Liste von angeblich patentgeschützten Analogpräparaten das
Generikum- mit dem Analogpräparat gleich, wodurch sich eine
Missverständlichkeit für den verständigen Empfänger
ergab.
Allerdings blieb der Antrag zu 2 ohne Erfolg. Nach Ansicht des
Gerichtes stellte sich auch sinngemäß keine Verknüpfung
dar zwischen dem Produktnamen und der Androhung der angedeuteten
Sanktion gegenüber den Vertragsärzten.
Stand: 15.09.2006